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"Zeit für Zeichnungen"
José De Quadros, 2006. Aufzeichnungen zur Arbeit:

Insekten, Einzelheiten aus Flora und Fauna, das war schon immer etwas, was ich
zeichnen wollte. Anfangs banale Zeichnungen, ohne großen Anspruch, nur aus Lust am Zeichnen...

Vor sechs Jahren wurde mein Nachbar Jens W., den ich sehr schätzte, ermordet auf der Insel Luzón, Philippinen. Zusammen mit anderen Sachen erbte ich von ihm einen Stoß Zeitungen aus der Nazi-Zeit in Deutschland (1933/45), akkurat archiviert und geordnet, teilweise mit Randnotizen. Jens W. war für mich eine Koryphäe, was Weltgeschichte anbetrifft, dazu ein hervorragender Kenner und großer Kritiker jener schrecklichen Epoche in der deutschen Geschichte.

Lange Zeit haben dieses Zeitungen und Zeichnungen meine Gedanken beherrscht, sie teilten sich mit um gleich darauf miteinander zu verschmelzen. Das Buch von Hannah Arendt: " Eichmann in Jerusalem. Bericht über die Banalität des Böses" (1963) beeinflusste mich dabei. Wer den Inhalt des Buches nicht kennt: Es geht dabei um die Relativierung einer fürchterlichen Vergangenheit, um die Negierung persönlicher Verantwortung für organisierte Verbrechen, die ein "System" befohlen hat, und für die sich Eichmann während seines ganzen Prozesses als unschuldig bezeichnete, (s)eine Banalisierung des Bösen.

Mitte 2005 entschloss ich mich diese Arbeit zu machen, die jetzt vorstelle, eine Entscheidung die nicht leichtfertig und überstürzt getroffen wurde. Ich habe vorher darüber viel nachgedacht, denn ich wusste, dass meine Arbeit mit den Zeitungen den Lauf dieser historischen Dokumente ändern würde. Diese Zeitungen sind Register von Fakten, aber jetzt bekommen sie eine andere Dimension: Sie werden als Kunstobjekte einverleibt. Vielleicht werden die Zeitungsberichte in diesem Zusammenhang gründlich und kritisch beobachtet, da wir uns nun völlig bewusst sind, wie das alles ausging.

Mit den Zeichungen auf den Zeitungen, Sprachrohr der Nazipartei, will ich nicht
banalisieren noch viel weniger die Geschichte relativieren sondern die Gefahr
unterstreichen, die uns ständig umkreist. Wir müssen wachsam sein.

Nach monatelanger Arbeit im Atelier in São Paulo, war ich nach meiner Rückkehr aus Brasilien im April 2006 bereit mit diesen Arbeiten anzufangen, als ich über-raschenderweise ohne Arbeitsplatz in Kassel dastand. Am 22.05.2006 wurde in mein Atelier eingebrochen, gestohlen, durch Wandalismus und Brandstiftung zerstört. Unter den vielen Sachen, die die Feuerwehrleute retten konnten, befanden sich besagte Zeitungen. Sie sind sozusagen mit einem blauen Auge davongekommen, denn einige Exemplare, die bereits mit Zeichnungen versehen waren, verbrannten.
Ich stellte mir vor, wieviel Bomben und Brände diese Zeitungen schon überlebt
haben und jetzt ein weiteres Mal... ein Zeichen, dass ich unmittelbar die Arbeit
fortsetzen sollte.

Das alles scheint anormal zu sein, aber es sind solche Banalitäten die den ganzen
Verlauf unseres Lebens verändern.
José De Quadros, Kassel, Juli 2006.
Installationsprojekt "Zeit für Zeichnungen (auf Zeitungen)"
José De Quadros, 2006.

Installation bestehend aus 12 Tischen (ca.100 x 130 cm, 90 cm Höhe, weiß oder
grau), die von 12 hängenden Glühbirnen beleuchtet werden; mit 48 Zeichnungen
in Rötel und Sepiafarben auf Originalzeitungsseiten des nationalsozialistischen Parteiorgans "Völkischer Beobachter" (Berliner Ausgabe), aus der Zeit von 1933-
1945 (zwölf Jahre Diktatur). Diese Zeitungen sind mit Acryl-Lack bearbeitet worden und mit Acryl-Farben übermalt worden um danach überzeichnet zu werden. Auf jedem Tisch befinden sich vier Ausgaben des Sprachrohrs der deutschen Diktatur, auf denen Zeichnungen von Flora und Fauna Mitteleuropas angebracht wurden. 54 x 45 cm (Seite) oder 54 x 90 cm (Doppelseite).

© 2013 José De Quadros |
 
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